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Bartenstein | |
Bartenstein hautnah Wir haben den Minister laufend
beobachtet |
Gleichmäßig zieht der Minister seine Bahn. Er setzt
die Fußabdrücke genauso regelmäßig auf den Asphalt unterhalb des
Uhrturms wie seine Atemluft stoßweise in die klare Atmosphäre der
Pensionopolis der Nestroy-Zeit. "Hoppauf Minister!" Nur einmal nicht
hingesehen, und man weiß: Hannes Kartnig, der Präse bzw.
Omnipräsente des Steirischen Sports nimmt am Steuer seines
(niederquer)schnittigen Kabrios ebenfalls aktiv am Marathon teil -
allerdings gegen die Laufrichtung. "Bravo Martin!" Wohl ein
Verwandter des Politikers, der für das frühe Aufstehen an einem
Sonntag und seine Aufmunterungen entschädigt wird: mit Abklatschen
ins Leere. Nicht jeder ist eben für den Minister schnell genug, und
auch cycamp-Kommentatoren können oft nur bis zur Halbzeit
mithalten, bevor Bartenstein die Flucht nach Vorne antritt und nach
3:07,20 als 241. von 1518 Gewerteten die Dusche ansteuert.
Bartenstein ist also immer schon dort, wo man ihn (noch)
nicht erwartet. Zum Beispiel im Café Eiles. Es wäre also für Feind
und vor allem Freund ein unverzeihlicher Fehler, ihn zu
unterschätzen. Immer schon hat die "Grüne Mark" ins Bein geschossen
und Könige gemacht bzw. Obleute gestürzt. Eine gewisse Haus (oder
Agrar)macht hinter sich wissend, in diesem Fall zusätzlich gestützt
auf genug Kapital, um sich Hin- und Rücksichten nicht leisten zu
müssen (und darin manchem Mitläufer und Kaffeegenossen verwandt),
und wie über die Laufstrecke, so auch auf die Karriereleiter von
einer gehörigen (und gesehenen) Portion Ehrgeiz getrieben, lässt sich
schon einiges in die Wege leiten.
Geschickt positionierte
und individualisierte Aussagen des Familienministers zu "einem
14jährigen Mädchen aus Sierra Leone, einem 14jährigen Burschen aus
Rumänien sowie einem zweijährigen Kind aus der Türkei und einem
einjährigen Kind aus China", die trotz hilfloser Beteuerung des
Gegenteils des dritten New Yorkers in Schubhaft säßen, sollen die
einen, solche wie "Es ist die Entscheidung der Mutter, ihr Kind bei
sich zu behalten." oder über "Mütter, die einen Teenager durch die
Pubertät bringen und damit mehr soziale Kompetenz beweisen als ein
Manager eines mittleren Unternehmens", die anderen der Wählerschaft
günstig stimmen. (Konsequenterweise leitet Frau Bartenstein, Mutter
von fünf halbwüchsigen Kindern, deshalb auch kein mittleres, sondern
ein großes Unternehmen.)
Aber auch der Umweltminister weiß
zu überzeugen: "Nachhaltige Entwicklung und Umweltpolitik sollten
eine Querschnittsmaterie in den Bereichen Energie, Landwirtschaft
und Verkehr darstellen." Fast noch tiefsinniger: "Globale
Bedrohungen wie der Klimawandel brauchen globale Lösungen. Dennoch
muss lokal gehandelt werden, und das ist zu Hause". Wieso dann
derzeit "kein Einzelvorschlag" zu einem "politisch sensiblen Thema"
(CO2-Emission) zu erhalten ist bzw. der Minister seinen bereits vor
einem Jahr angekündigten Optionenbericht zum Abbau umweltschädlicher
Treibhausgase noch immer nicht vorgelegt hat, muss wohl an lokaler
Bedrohung, die globales Denken verhindert, liegen. Immerhin wurde
der Preis für Umweltschutz und Arbeitsplätze dem Biobauernverband
Ernte für das Leben für seine neuen Vermarktungskonzepte
verliehen. (Für Vermarktung hat die Pharmaindustrie schon immer
einiges übrig gehabt.)
Doch wir wollen nicht ungerecht sein.
Bartenstein - hautnah betrachtet - bietet auch einige für einen
Politiker leider nicht immer charakteristische Züge. Er zeigt sich
von einer gewissen distanzierten Korrektheit und spricht unaufgeregt
und ohne den bei Trägern öffentlicher Ämter offenbar seit den
30er-Jahren nicht auszumerzenden Enthusiasmus. Sollte er sich also
in Zukunft inhaltlich ebenso als Politiker eines neuen Zuschnitts
erweisen, wie er das durch fehlendes Pathos formal jetzt schon tut,
so erscheint die Prognose als wenig gewagt, daß die Stubenbastei 5
nicht die letzte Adresse ist, die sich Bartensteins Freunde für ihre
Interventionsansuchen notieren müssen. Schließlich "wäre es schön",
wenn es in 10 Jahren kein Umweltministerium mehr zu geben bräuchte,
so Bartenstein, auch wenn er dies nicht nur auf seine Person bezogen
gemeint haben könnte.
Alle Zitate aus: "Der Standard"
Thomas Knob
© cycamp.at
2000
CYCAMP-DISKUSSION: Poste Deine Meinung zu diesem
Artikel! Geposted am 2000-01-19 11:25:26 von
Gregor
Wegerer Titel:Fantastisch
Eine
fantastische Satire!! Dass ein ÖVP-Umweltminister ein Oxymoron
ist, beweisen die Ergebnisse.
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