Verräterische Pronomina
Thomas Knob
März 2000
Vielmehr stellt sich Westenthaler in die unselige
österreichische Tradition der Gewaltentrennungsignoranten
»Beurteilen Sie uns nach unserem Programm!« So der neue
Klubobmann der FPÖ, Peter Hojac, arisierter Westenthaler, in seiner ersten
Parlamentsrede nach der Regierungsbildung.
Wer nun glaubt, hier sei das
Programm der Partei des Redners gemeint, irrt gewaltig. Der Akkusativ des
Personalpronomens und der Dativ des Possessivpronomens sollten vielmehr auf die
Regierung und deren Programm verweisen. Nun ist bis heute (Gott, Schüssel oder
Klestil sei Dank) nicht bekannt, daß Herr Westenthaler Mitglied dieser Regierung
wäre. Er ist vielmehr Vorsitzender einer parlamentarischen Gruppierung, die
einer Partei, der auch Regierungsmitglieder angehören, entstammt, und hätte also
die Aufgabe, das, was diese Regierung sagt oder tut, von seiner Warte aus zu
beobachten und zu kommentieren. Vielmehr stellt sich Westenthaler in die
unselige österreichische Tradition der Gewaltentrennungsignoranten: Er
identifiziert sich als Vertreter der Legislative mit der Exekutive.
Noch
ist die Zeit nicht vergessen, in der Regierungsmitglieder ohne Probleme
gleichzeitig Abgeordnete sein konnten, immer noch werden die meisten Gesetze in
Österreich aufgrund von Regierungsvorlagen beschlossen, noch haben die Ideen
Montesquieus das Bewußtsein der Bevölkerung nicht einmal noch gestreift.
Garanten dafür, daß sich an diesem Zustand so bald nichts ändern wird und das
Selbstwertgefühl der Parlamentarier gering bleibt, sind Figuren wie Herr
Westenthaler.
Traurig, daß bei einem wichtigen parlamentarischen
Vertreter politische Bildung nicht vorausgesetzt werden kann, noch trauriger
allerdings, daß in der folgenden Debatte dieser Fauxpas keinem einzigen Redner
fragwürdig erschien.