FAUST - der Tragödie erster und zweiter
Teil
Kommentierte Inhaltsangabe
FAUST I:
Nach der Zueignung in Stanzen, die die Wiederaufnahme des Stoffes schildert ("Ihr naht Euch wieder, schwankende Gestalten..."), dem Vorspiel auf dem Theater, in dem die Erwartungen des Dichters ("Was glänzt, ist für den Augenblick geboren; das Echte bleibt der Nachwelt unverloren"), des Schauspielers ("Lustige Person", will dankbare Rollen, "Greift nur hinein ins volle Menschenleben") und des Direktors (will klingelnde Kassen durch seine Taktik "Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen") an ein Stück formuliert werden (Ende: "Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehen"), und dem Prolog im Himmel, der das Motiv der großen, allgemeinen Ordnung anschlägt ("Die Sonne tönt nach alter Weise...") und zugleich Exposition ist (Mephistopheles wettet mit Gott ["Von Zeit zu Zeit seh ich den Alten gern"], dessen Skepsis ["Es irrt der Mensch, solang er strebt"] den Ausgang des Stückes vorausdeutet, den Gelehrten Mag. Dr. Heinrich Faust auf seine Wege herabziehen zu können), setzt der Tragödie erster Teil (wie schon im Puppenspiel) mit dem von seinen Studien unbefriedigten Faust ("Habe nun, ach! Philosophie, Juristerei und Medizin und leider auch Theologie durchaus studiert mit heißem Bemühn. Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor!") ein. In seiner Studierstube wendet er sich in der Nacht, enttäuscht vom trockenen, traditionsbezogenen Realismus der Wissenschaften, wie er von seinem Famulus Wagner ("Zwar weiß ich viel, doch möcht ich alles wissen.") verkörpert wird, der Magie zu. ("Drum hab ich mich der Magie ergeben... Dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält".) Er beschwört den Erdgeist ("So schaff ich am sausenden Webstuhl der Zeit..."), um zur Teilhabe am Leben des göttlichen Alls zu gelangen. Als er hämisch in die Schranken gewiesen wird ("Welch erbärmlich Grauen fasst Übermenschen dich!") und nachdem er vergeblich versucht hat, Wagner seine Illusionen zu nehmen ("Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit sind uns ein Buch mit sieben Siegeln. Was ihr den Geist der Zeiten heißt, das ist im Grund der Herren eigner Geist, in dem die Zeiten sich bespiegeln."), sucht er nach einigen Reflexionen über die vergebenen Chancen seines Lebens ("Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen! Was man nicht nützt, ist eine schwere Last; nur was der Augenblick erschafft, das kann er nützen.") den Freitod durch Gift ("Ich grüße Dich, du einzige Phiole... zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag."), wird aber im letzten Augenblick durch das Ertönen der Osterglocken, die ihn an seine Kindheit erinnern, (Hymnus "Christ ist erstanden, Freude den Sterblichen...") davon abgehalten ("Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder"), auch wenn er sich mit den von der Kirche vertretenen Glaubensinhalte nicht identifiziert. ("Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube; das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind".) Auf einem Osterspaziergang Vor dem Tor ("Vom Eise befreit sind Strom und Bäche...") mit Wagner wird ihm unter feierndem Volk ("Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein"), das von ihm als Arzt eine hohe Meinung hat, ("Gesundheit dem bewährten Mann, dass er noch lange helfen kann!") die Problematik ("Was man nicht weiß, das eben brauchte man, und was man weiß, kann man nicht brauchen.") und Widersprüchlichkeit seiner Existenz bewusst ("Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust"). Ein Pudel, der Faust in sein Studierzimmer (I und II) folgt und zunächst durch die Beschäftigung mit einer Neuübersetzung des Beginns des Johannes-Evangeliums gebannt wird ("... auf einmal seh ich Rat und schreibe getrost: Im Anfang war die Tat!"), entpuppt sich als der als fahrender Skolast auftretende Mephistopheles ("Das also war des Pudels Kern... Der Kasus macht mich lachen."), der sich als "der Geist, der stets verneint; ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft" vorstellt, von sich behauptet: "Allwissend bin ich nicht; doch viel ist mir bewusst" und Faust einen Pakt vorschlägt ("In diesem Sinne kannst dus wagen."), zu dem dieser bereit ist ("Werd' ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch! Du bist so schön! Dann magst du mich in Fesseln schlagen, dann will ich gern zugrunde gehen."), weil er erkennt, nicht aus eigener Kraft zur Erfüllung kommen zu können. Mephistopheles besteht auf einem mit Blut unterfertigten Schriftstück ("Blut ist ein ganz besondrer Saft"). Während Faust sich für die gemeinsame Reise bereit macht, liefert Mephistopheles, in Fausts Kleidern einen braven Studenten ("Kann Euch nicht eben ganz verstehen.") zynisch "beratend" ("Das wird nächstens schon besser gehen"), eine Satire auf die Fakultäten der Universität (zB Logik: "Da wird der Geist Euch wohldressiert, in Spanische Stiefel eingeschnürt"; Jus: "Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage"; Metaphysik: "Da seht, dass Ihr tiefsinnig fasst, was in des Menschen Hirn nicht passt!"; Theologie: "Denn eben, wo Begriffe fehlen, da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein. Mit Worten lässt sich trefflich streiten, mit Worten ein System bereiten"; allg.: "Grau, teurer Freund, ist alle Theorie"). Schon im Himmel hat er von der Intelligenz des Menschen nicht viel gehalten ("Er nennt's Vernunft und braucht's allein, nur tierischer als jedes Tier zu sein"). Der erste Ort, an dem Mephistopheles sein Ziel, Faust in den von ihm angestrebten Zustand zu versetzen, zu erreichen versucht, ist die Gaststätte Auerbachs Keller in Leipzig ("Es ist ein klein Paris"), wo Faust jedoch vom studentischen Singen ("Ein garstig Lied! Pfui! ein politisch Lied") und Trinken nur abgestoßen wird. Die folgende Szene, Fausts Verjüngung in der Hexenküche durch einen mittels eines Zauberspruchs ("Aus Eins mach Zehn, und Zwei lass gehn... und neun ist Eins, und Zehn ist keins. Das ist das Hexen-Einmaleins!" - Faust: "Mich dünkt, die Alte spricht im Fieber.") gebrauten Tranks, bildet das Präludium zur Gretchentragödie. Die Vision Helenas in einem Zauberspiegel der Küche wird in der unschuldigen, 14jährigen Kleinstadtbewohnerin Margarete (= Gretchen, singt u.a. "König von Thule") Wirklichkeit, die Faust auf der Straße sieht ("Mein schönes Fräulein, darf ich wagen, meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?"), von ihr aber abgewiesen wird ("Bin weder Fräulein weder schön, kann ungeleitet nach Hause gehen"). Mephistopheles, der zunächst vorsichtig reagiert ("Über die hab ich keine Gewalt!"), vermittelt eine Begegnung mit Faust. Er deponiert in Fausts Begleitung am Abend unerkannt eine Schmuckschatulle in Gretchens Zimmer, die auch von Gretchen ("Am Golde hängt, zum Golde drängt doch alles") gefunden wird, aber dann, wie Mephistopheles Faust auf einem Spaziergang mitteilt, auf Grund eines Verdachts der Mutter von der Kirche konfisziert wird ("Die Kirche hat einen guten Magen"). Im Garten und dem Gartenhäuschen der Nachbarin Marthe Schwerdtlein, in deren Haus (Der Nachbarin Haus) sich Mephistopheles eingeführt hat ("Ihr Mann ist tot und lässt Sie grüßen"), wovon er Faust auf der Straße unterrichtet hat, vollzieht sich eine erste Begegnung, die sich rasch zu engerer Vertrautheit entwickelt. Gretchens böse Ahnungen, die auch durch Fausts (pantheistische) Antwort ("Gefühl ist alles; Name ist Schall und Rauch") auf die Gretchenfrage ("Nun sag: wie hast dus mit der Religion?") in Marthens Garten nicht beseitigt werden können, begleiten ihre erwachende Liebe ("Meine Ruh ist hin, mein Herz ist schwer", in Gretchens Stube gesungen) zu Faust, der sich in Wald und Höhle vergeblich von Mephistopheles, den er in Marthens Garten "Du Spottgeburt aus Dreck und Feuer" nennt, zu lösen versucht hat. Am Brunnen spricht Gretchen mit einer Freundin über eine gemeinsame Bekannte, die von einem Mann geschwängert und sitzengelassen worden ist. Das ebenfalls bereits schwangere Gretchen betet im Zwinger vergeblich ("Ach neige, du schmerzensreiche, dein Antlitz gnädig meiner Not"), als sie von Gewissensbissen geplagt wird. Die Mutter von Gretchen stirbt an dem Schlafmittel, das Faust mit Mephistopheles' Beihilfe vermittelt hat und das ihr von der Tochter zu üppig verabreicht worden ist. Ihr Bruder Valentin fällt "als Soldat und brav" in der Nacht im Zweikampf mit Faust durch Mephistopheles' Eingreifen, als er die Ehre seiner Schwester retten will ("Du fingst mit einem heimlich an, bald kommen ihrer mehre dran, und wenn dich erst ein Dutzend hat, so hat dich auch die ganze Stadt"). Im Dom erleidet Gretchen während des "Dies irae" einen Ohnmachtsanfall ("Nachbarin! Euer Fläschchen!"). Während Faust inzwischen von Mephistopheles zur Ablenkung zur Romantischen Walpurgisnacht (im Gegensatz zur Klassischen), in der die Dämonie des Geschlechtlichen bildhaft dargestellt wird, auf das Blocksfeld geführt wird ("Der ganze Strudel strebt nach oben: [Richtung Brocken, dem Gipfel des Harz] Du glaubst zu schieben, und du wirst geschoben.") und in einem handlungsunabhängigen Walpurgisnachtstraum Goethes literarische Gegner persifliert werden und das Thema der Vereinigung der Gegensätze des Helenaaktes (s.u.) vorweggenommen wird, ertränkt Gretchen in Verzweiflung ihr Kind und landet im Gefängnis. Faust wird (Trüber Tag. Feld) erneut bewusst, in welche Lage ihn Mephistopheles, von dem er verlangt, dass Gretchen freikommt, gebracht hat. Auf schwarzen Pferden entfliehen sie der Hexenszenerie (Nacht. Offen Feld). Im Kerker findet er ("Der Menschheit ganzer Jammer fasst mich an") Gretchen halb wahnsinnig ("Heinrich! mir grauts vor dir!"). Sie überantwortet sich lieber dem Gericht Gottes als mit ihm aus der offenen Zelle zu fliehen. Auf Mephistopheles' "Sie ist gerichtet" tönt als Stimme von oben: "Ist gerettet."
FAUST II:
Die Handlung (1.Akt) setzt mit einem Heilschlaf des Vergessens von Faust in freier Natur völlig neu ein. Unter dem Einfluss kosmischer Mächte (Sonne, Luft, Regenbogen usw.) erkennt Faust, der "des Lebens Pulse" wieder kräftig schlagen spürt, dass dem Menschen das Absolute nur hinter dem Schleier des Vergänglichen zugänglich ist. In Begleitung von Mephistopheles, der dort den zynischen Hofnarren spielt, kommt Faust an den kaiserlichen Hof, in die Welt des politisch sozialen Handelns. In einem allegorischen Maskenzug (Faust als Plutus, Gott des Reichtums, Mephistopheles als Geiz, Knabe Wagenlenker als Poesie) wird die Szene zum bunten Bild des menschlichen Lebens. Das Verhältnis des Menschen zu Besitz und Macht wird durch den legitimen Reichtum des Goldes und, als Gegenbeispiel, durch das inflationistische Papiergeld illustriert, das Mephistopheles bei Hof einführt, um die Finanzmisere zu beheben. Auf Wunsch des Kaisers beschwört Faust mit Hilfe eines Dreifußes, den er, von Mephistopheles mit einem Zauberschlüssel versehen, aus dem "Reich der Mütter" (Urbilder) geholt hat, Paris und Helena, die Urbilder der menschlichen Schönheit, womit eine vielschichtige Symbolik in Gang kommt. Als Faust die Truggestalt der Helena an sich ziehen will, streckt ihn ein Schlag zu Boden. Die vollendete Form der Antike muss leblos bleiben und kann nicht in die Gegenwart gezwungen werden, wenn sich der schöpferische Geist nicht dem Geist des Griechentums anverwandelt.
Im 2.Akt wird Helenas wahres Erscheinen vorbereitet. Thema ist aber nicht nur die Verwirklichung Helenas, sondern das Werden überhaupt. Im alten Studierzimmer Fausts dialogisiert Mephistopheles (wieder als Gelehrter) ironisch mit dem Schüler des ersten Teils, der es inzwischen zum Baccalaureus gebracht hat. Famulus Wagner erzeugt im Laboratorium in einer Phiole den Homunculus (Bild der Entelechie, also der zielgerichteten Entwicklungsfähigkeit, des inneren Formprinzips, der Seele des Menschen), der die Sehnsucht Fausts, der noch ohnmächtig daliegt, nach dem Urbild griechischer Schönheit erkennt und Wegweiser zur Klassischen Walpurgisnacht an den Ägäisbuchten der Thessalischen Ebene wird. In ihr werden Fabelwesen, Götter, Gespenster, bizarre Zwitter, Naturgeister, antike Philosophen, die Kraniche des Ibykus usw. gezeigt. Höhepunkt ist ein mitternächtliches Meerfest mit Preisgesang auf die vier Elemente und den alles beherrschenden Eros. Mephistopheles fühlt sich auf klassischem Boden nicht wohl und verwandelt sich in die hässliche Urgestalt des Phorkyas, als der er Gegenspieler Helenas sein wird. Faust geht in die Unterwelt, um von Persephone die Zusage zu erbitten, dass Helena auf die Erde zurückkehren darf. Homunculus sucht seine Verleiblichung und stürzt sich ins Meer (das Element proteischer Verwandlung). Er zerschellt am Triumphwagen der Liebesgöttin Galatee. Das Fest des Eros hat dem Zeugen des Schönen entsprochen, das jetzt erscheinen kann.
Im 3.Akt ("Helenaakt") betritt Helena griechischen Boden ("Bewundert viel und viel gescholten, Helena"). Ihre Gestaltwerdung wurde durch den zur Verkörperung bereiten Geist, die ungestalten Kräfte der Natur (dargestellt in der Walpurgisnacht) und das in den Tiefen der Erinnerung bewahrte Bild der klassischen Schönheit bewirkt. Hauptthema wird dadurch die Synthese polarer Lebens und Kunsttendenzen (klassisch - romantisch, Antike - Abendland, mediterran - nordisch etc.). Faust begegnet Helena als germanischer Heerführer, der das herrenlose Sparta besetzt hat. Aus Furcht vor der Rache des Menelaos flüchtet sie unter Phorkyas Führung in Fausts Burg. Metaphorisch durchdringen einander der seelisch-erlebnishafte romantische Norden und der Formsinn des klassischen Griechenland. Als Symbol inneren Einklangs lernt Helena von Faust die Kunst des Reimens. Ihrer Verbindung entspringt der feurige Jüngling Euphorion, der als Genius der Poesie erscheint und wie sein reales Vorbild Lord Byron, der auch in der Totenklage mitgedacht ist (sodass dieser Akt drei Jahrtausende umfasst), im Krieg stirbt. Helena folgt ihrem Sohn, sodass Faust nur ihr Gewand bleibt, das sich zu einer Wolke formt und ihn hinwegträgt.
Im 4.Akt erfolgt wieder ein Neueinsatz. Nur die Wolke, die kurzfristig die Gestalt Helenas und Gretchens annimmt, stellt eine Verbindung zu Gewesenem dar. Faust kehrt auf die Erde zurück und will "große Taten" setzen. Mit Hilfe der drei von Mephistopheles bestellten Gewaltigen Raufebold, Habebald und Haltefest führt Faust in einer Schlacht zwischen Kaiser und Gegenkaiser den Sieg des angestammten Herrschers herbei und wird zum Dank mit einem Küstenstreifen belehnt, auf dem er das Projekt einer Landgewinnung durchführen will.
Im 5.Akt beginnt Faust mit seinem Vorhaben, während dessen Ausführung die seinem Anspruch auf uneingeschränktes Verfügungsrecht im Wege stehende Hütte von Philemon und Baucis mittelbar durch seine Schuld von Mephistopheles' Helfershelfern niedergebrannt wird, wobei die Alten ums Leben kommen. Noch einmal offenbart sich, wie in der Gretchenhandlung, die Zwiespältigkeit der faustischen Natur. In bezug auf moralische Vervollkommnung ist Faust nicht weiter gekommen. 100jährig und blind ("Zum Sehen geboren, zum Schauen bestellt") treibt er sein Werk voran und hält das Spatengeklirr der Lemuren, die unter Mephistopheles' sarkastischer Anleitung sein Grab schaufeln, für seine Vollendung: "Das ist der Weisheit letzter Schluss: Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muss!...Solch ein Gewimmel möcht' ich sehen. Auf freiem Grund mit freiem Volke stehen! Zum Augenblicke dürft' ich sagen: `Verweile doch, du bist so schön!'...Im Vorgefühl von solchem hohen Glück genieß ich jetzt den höchsten Augenblick." Damit ist der Wortlaut des im ersten Teil geschlossenen Paktes erfüllt. Faust sinkt tot nieder, und Mephistopheles glaubt sich seiner Seele sicher. In der in christlich-mittelalterlicher Bildersprache ausgeführten Schlussszene steigt Fausts Entelechie in hierarchisch gestufte geistige Regionen auf (eine Art weltimmanentes Jenseits) und gerät nicht in die Gewalt von Mephistopheles, denn: "Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen". Fausts Seele wird mit der des büßenden Gretchens vereint, und der Chorus mysticus beschließt das Drama ("Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis...").
INTERPRETATION:
Der rote Faden der Dramenhandlung ist Fausts Streben nach Glück. Verdienst und Glück heben Schuld und Sühne auf. Faust leidet an seinen schweren Verfehlungen, sein Verdienst besteht im Überschreiten eigener Bewusstseinsgrenzen gegen den Widerstand nihilistischer Kräfte bis zur Vereinigung mit dem Daseinsganzen. Glück ist der Vorausgenuss in der Bejahung des ewigen Unbefriedigtseins. Fausts Entwicklungsgang verläuft, ausgehend von Erkenntnisdrang und Genussstreben, über die Maßfindung durch das Erlebnis des Schönen ("Klassische Grenze") zur Sinnfindung v. a. in einer der Gemeinschaft dienenden Arbeit (soziales Tatethos, wie es auch in "Wilhelm Meister" propagiert wird). Der erste Teil bietet die Gelehrtentragödie Fausts, eine Universitätssatire und die einem Bürgerlichen Trauerspiel ähnliche Gretchentragödie in vielen Schauplätzen. Der zweite Teil spielt, entsprechend den Akten, an fünf Orten und ist durch eine symbolische, formsprengende Handlung gekennzeichnet. Selbständige Szenen, oft revueartige Massenszenen, werden in der offenen Form der Aneinanderreihung präsentiert. Faust wurde als "Drama der Menschengattung" bezeichnet.
Zusammengestellt aus Originalzitaten und dem Kommentar zu Goethes Faust von Th. Friedrich und L. J. Scheithauer (Stuttgart 1974)
|